Der Musikverein ging mit seinen Blaskapellen und etlichen Gesangseinlagen neue Wege beim Frühjahrskonzert
Eingefahrene Pfade müssen zuweilen verlassen werden. So dachten wohl auch die Programmverantwortlichen des Vereins und platzierten neben der Konzertbühne ein Wohnzimmer, in dem es sich eine „Durchschnittsfamilie“ vor dem Fernseher gemütlich machte und durchs Programm zappte. Sogleich spielten die Ensembles das Gewünschte live auf der Bühne.
Quasi zweimal wurden die Besucher in der Gemeindehalle begrüßt: Mit einem schönen Bühnenbild, das einem Fernseher ähnelte, und vom neuen Vorsitzenden Tomas Horlacher. Vermutlich als Gegengewicht zu aktuellen europäischen Turbulenzen eröffneten Jugendorchester, Bläserklasse und Kinderchor gemeinsam mit der „Europa-Hymne“ den musikalischen Reigen.
Das Blasorchester gab danach das schwierige Stück „Eiger“ von James Swearingen gekonnt zum Besten. Dem stand das Jugendorchester mit mit der populären Fantasynummer “Game of Thrones“ in nichts nach. Beide Kapellen wurden von Tobias Wegele dirigiert, der im Herbst in Holzmaden anheuerte und dem die künstlerische Leitung des Abends oblag.
Während im Wohnzimmer alle Chips futterten und ums richtige Programm rangen, stichelten die Enkel Sandra und Lukas permanent gegeneinander. Der Opa indes sinnierte über alte Zeiten und forderte mehr deutsche Volksmusik.
Die Orchester wussten mit dem Stück „The Twilight Saga“ zu gefallen, ebenso die Bläserklasse mit „Tsche Tsche Koole“ und „Stadionfieber“. Das Klangbild und die Bühnenpräsenz belegten klar, dass die Klassenlehrerin Claudia Frank es verstanden hat, ihren Schützlingen was beizubringen. Munter weiter ging es mit den Jugendmusikern und „Beauty and the Beast” sowie „You’ll be in my heart“.
Zur Freude aller kamen auch kindgerechte Stücke zur Aufführung: Das Lied „Bibi und Tina“ wurde eigens von Tobias Wegele arrangiert und mit E-Bass begleitet. Rolf Zuckowskis „Lieder, die wie Brücken sind“ hingegen war ein Evergreen. Es fiel auf, wie die Kinder mit Inbrunst im Chor sangen, den die Leiterin Nicole Schinko sicher führte.
Blaulicht, Brandgeruch und Holzmadener Feuerwehrleute im Einsatzangriff markierten den Beginn des zweiten Konzertteils. Das Manöver war „Backdraft“ geschuldet, einem Film, der in Deutschland 1991 unter dem Titel „Männer, die durchs Feuer gehen“ ins Kino kam.
„So schön klingt die Blasmusik“ war ein weiterer Gassenhauer und zählte mit gefälligen Melodien wie „Alpenwelt“ und „Im weißen Rössl“ zum beliebten Arsenal volkstümlicher Musik. Was hier das Blasorchester an Tempi und Einfühlvermögen bot, war erstaunlich.
Bei „Over the Rainbow“, das an die Judy-Garland-Verfilmung denken ließ, demonstrierte die Holzmadener Sopranistin Nicole Schinko ihr großes Können. Das folgende „My Dream“ ging nicht weniger ans Herz und zeigte mit Chris Dring am Flügelhorn einen Solisten, der seinem Instrument herrliche Klänge entlockte.
Dann kam, was zwangsläufig kommen musste: Der Opa schlief im Sessel ein, nachdem er seine Enkel zu Bett gebracht hatte. Das bot den heimkehrenden Eltern die Chance, sich’s auf dem Sofa gemütlich zu machen und in trauter Zweisamkeit dem Vokalstück „Dry your Tears, Africa“ zu lauschen. Der Projektchor unter der Leitung von André Moselewski sang dies mit Hingabe und wurde vom Orchester einfühlsam begleitet.
Großes Finale mit allen Konzertbeteiligten war beim Stück „Another Brick in the Wall“ von Pink Floyd angesagt. Mit kräftigem Applaus bezeugten weit über 300 Gäste ihre Wertschätzung für das Wirken der 100 Musizierenden.
Im „Fernsehzimmer“ traten Sandra Wagner und Lukas Ritter gekonnt auf und verkörperten authentisch die Enkel des Opas, den Rainer Stephan mimte. Beate und Jochen Wagner gefielen in der Rolle der Eltern. Zum Schluss dankte Vorsitzender Tomas Horlacher allen Konzertbeteiligten für ihren Einsatz und den Gästen für ihr zahlreiches Kommen. rs