Der Anfang
1951, in einem Jahr, das noch ganz im Zeichen der soeben überstandenen Währungsreform und des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg stand, ist in Holzmaden ein Musikverein ins Leben gerufen worden. Bereits zu dieser Zeit war es üblich, dass man sich abends nach getaner Arbeit im Wirtshaus traf. Da bis zu diesem Zeitpunkt in Holzmaden noch kein Musikverein existierte, wollten sich zwei Stammtischbrüder die Mitgliedschaft des Nachbarvereins Ohmden erwerben. Jedoch gerade noch rechtzeitig fand sich ein Initiator, der bereit war, in Holzmaden einen Musikverein zu gründen. Erich Frank war es, der als erster den Gedanken in die Tat umsetzte. Bedingung war allerdings, dass die erwähnten zwei Stammtischbrüder nicht in den Ohmdener Musikverein, sondern in den neuen Holzmadener Verein eintreten. Und so kam es, dass sich in Holzmaden vier Männer darum kümmerten, einen Musikverein ins Leben zu rufen. Erich Frank, Willy Weiler, Heinz Ernst und Robert Zimmermann. Kurze Zeit später, am 15. Oktober 1951, fand die Gründungsversammlung im Gasthaus Lamm statt. Zahlreiche Freunde und Gönner hatten sich eingefunden. Neben den bereits erwähnten vier Gründern stellten sich folgende Personen als Funktionäre bzw. Musiker zur Verfügung: Paul Breitwieser, Paul Molter jun., Josef Janka, Karl Frank, Karl Ampßler, Reinhold Staib, Siegfried Totzauer, Josef Hein und Fritz Kneile (die Reihenfolge wurde dem Protokollbuch entnommen).
Problem Nummer eins war natürlich die Instrumenten-Beschaffung, denn bereits seinerseits musste viel Geld für ein Instrument ausgegeben werden. In Hermann Kielnecker, dem späteren Ehrenmitglied des Vereins, fand sich ein Mann, der bereit war, das Geld für die bei ihm gekauften Instrumente zu stunden. Die ersten Anzahlungen wurden so finanziert, dass jeder Musiker einen Betrag von monatlich DM 25 zahlte, so lange, bis die Instrumente bezahlt waren. Für die damaligen Verhältnisse war das sehr viel Geld, deshalb ist diese Aktion besonders hervorzuheben, zumal die Instrumente Eigentum des Vereins blieben.
Natürlich war es nicht möglich, ohne Lehrmeister eine Kapelle großzuziehen. Helmut Ziegler, damals aktiver Musiker der Stadtkapelle Kirchheim, ist dem Musikverein von Hermann Kielnecker empfohlen worden; er ist schließlich als erster Dirigent des Vereins angestellt worden. Bereits nach einem halben Jahr hatte die Musikapelle ihren ersten Auftritt; es war am Heiligen Abend 1951, als das Weihnachtslied „Stille Nacht“ unter dem Weihnachtsmarkt in der Ortsmitte zu Gehör gebracht wurde. Schon tags darauf veranstaltete der Musikverein seine erste Winterunterhaltung im Lammsaal, eine Veranstaltung, welche bis 2002 ein beliebter Programmpunkt im Jahreskalender war. Wie man sieht, wurde bereits in der Anfangszeit einiges geboten. Am 15. März 1952 ist dann die erste Hauptversammlung einberufen worden; die ersten Funktionärswahlen ergaben folgende Besetzung der wichtigsten Funktionärsposten:
- Vorstand: Erich Frank
- Schriftführer: Robert Zimmermann
- Kassierer: Paul Breitwieser
Für die regelmäßigen Musikproben ist der Lammsaal kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Im Winter musste jeder Musiker Holzscheite in die Proben mitbringen, allerdings nicht zum Musizieren, sondern zum Heizen. Die Musiker setzten sich dann zum Musizieren um einen großen Ofen herum. Nach den Proben versammelten sich die Musikanten vollzählig eine Etage tiefer, in der Wirtschaft vom Gasthaus Lamm.
Nach jeder Musikprobe wurde Dirigent Helmut Ziegler abwechselnd von einem Musiker mit dem Motorrad nach Kirchheim heimgebracht.
Nach außen endgültig anerkannt war der Verein nach dem Eintritt in den „Bund Deutscher Volksmusiker“ am 1. Mai 1952. Nachdem sich die Kapelle die Hörner abgestoßen hatte, veranstaltete der Musikverein am 23. und 24. August 1952 ein großes Gründungsfest im damaligen Pfarrgarten in der Weilheimer Straße. Dabei spielte die Stadtkapelle Kirchheim am Samstagabend zum Tanz auf. Ebenfalls im Jahr 1952 ist erstmals eine Himmelfahrtswanderung mit Marschprobe durchgeführt worden, vorgeschlagen vom damals noch aktiven Musiker späteren langjährigen Vorstand Karl Bezler. Ziel der Marschprobe war immer Aichelberg. Einer der ersten großen Vereinsausflüge der Nachkriegszeit fand in Holzmaden am 8. und 9. Mai 1954 statt. Der Musikverein verreiste für zwei Tage nach Freilaubersheim, einem bekannten Weinort in der Nähe von Bad Kreuznach. Der erste Wechsel an der Vereinsspitze stand 1955 an; Hermann Luik löste den Gründungsvorstand Erich Frank ab und leitete schließlich den Verein bis zum Januar 1974, mit einer kurzen Unterbrechung ; von 1962 bis 1963 war Artur Wilms für ein Jahr an der Vereinsspitze.
Erster Auftritt mit Marschmusik im Jahr 1952
Dirigent: Helmut Ziegler
1. Reihe
Tubist links: Christian Molter
Tubist Mitte: Werner Kneile
Posaunist links: verdeckt
Posaunist rechts: ??
2. Reihe v.l.n.r.
Joachim Fischer (Tenorhorn)
Karl Frank (Tenorhorn)
verdeckt
Karl Bezler (Ternorhorn)
3. Reihe
Karl Ampßler (Pauke)
Gruppenaufnahme
aus dem Jahr 195x:
hintere Reihe v.l.n.r.:
Werner Kneile (Theodors Sohn)
Siegfried Totzauer
Paul Molter
Josef Janka
Helmut Ziegler
Robert Zimmermann
Christian Molter
Erich Frank
Heinz Ernst
Karl Bezler
vordere Reihe v.l.n.r.:
Joachim Fischer
Karl Frank
Josef Preißler
Sepp Knoll
Sebastian Theis
Josef Hein
Karl Ampßler
Franz Hein
Wissenswertes und Unterhaltendes aus dem Kassen- und Mitgliederbuch
Schon im Gründungsjahr 1951 wurde beim ersten Kassenabschluss ein Gewinn erwirtschaftet. Dieser betrug stolze 90 Pfennig. Wie aus dem damaligen Kassenbuch unschwer zu erkennen ist, sind beim Eingang einer Rechnung für Instrumente oder sonstige Veranstaltungen immer die Vereinsmitglieder zur Kasse gebeten worden. Um den Geldbeutel der Aktivitäten nicht zu sehr belasten wurden dann bereits im Jahr 1952 einige Aktivitäten durchgeführt mit dem Ziel, die Vereinskasse zu füllen. So ist am 20. Januar 1952 eine Sammlung durchgeführt worden, die mit immerhin DM 203 zu Buche schlug. Den größten Brocken brachte allerdings das Gründungsfest am 23. und 24. August 1952 mit einem Umsatz von DM 4.753,52 in die Kasse! Auch die Gemeinde half mit einem Zuschuss von DM 200 dem jungen Verein auf die Beine.
Die ersten Instrumente stellte das Musikhaus Hermann Kielnecker in Kirchheim zur Verfügung, sie konnten in Raten abbezahlt werden. Durch Sonderbeiträge der Aktiven und den Einnahmen aus den zahlreichen Veranstaltungen wurden im ersten Vereinsjahr bereits wieder DM 2.500 an Schulden getilgt. Mit einer Weihnachtsfeier, durchgeführt am 20.12.1952 und einer Faschingsfeier am 14.02.1953 ging das Vereinsjahr mit der Hauptversammlung am 20.02.1953 zu Ende. Mit einem erwirtschafteten Überschuss von DM 152,89 startete man ins neue Vereinsjahr.
Der reguläre Jahres-Mitgliedsbeitrag betrug bis 1958 DM 3 und wurde in Vierteljahresbeiträgen von 75 Pfennig eingezogen. Dirigent Ziegler erhielt ein Monatsgehalt von DM 25. An die Gemeinde Holzmaden musste für die Faschingsveranstaltung eine Vergnügungssteuer in Höhe von DM 6,20 abgeführt werden und eine Anzeige im Teckboten, damals noch „Teck-Rundschau“, kostete DM 9. Auch Umsatzsteuer, Schankerlaubnis und Polizeistundenverlängerung sowie GEMA-Beiträge sind keine Erfindung der Neuzeit, sondern waren schon in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Born steter Freude für den Vereinskassier.
So interessant handgeschriebene Kassen- und Mitgliedsbücher auch zu lesen und anzuschauen sind, so arbeitsaufwändig sind diese auch. Bereits 1971 konnte der Kassier Hermann Schinko auf maschinell erstellte Mitgliederlisten zurückgreifen. Diese wurden von Hugo Scheid noch mittels Lochkarten (Hollerith-System) erstellt. Die handgeschriebenen Eintragungen im Kassenbuch enden 1991. Seit dieser Zeit werden die Mitglieder und die Kasse auf einem PC beim Kassier verwaltet. Bei einem Buchungsaufkommen von 400 – 600 Belegen im Jahr eine große Erleichterung für den Kassier.
Die seitherigen Kassiere des Musikvereins:
- 1951 bis 1956 Paul Breitwieser
- 1956 bis 1963 Karl Sohn sen.
- 1963 bis 1973 Hermann Schinko
- 1973 bis 1974 Helmut Sautter
- 1974 bis 1978 Hermann Schinko
- 1978 bis 2002 Klaus Frank
- 2002 bis 2021 Dieter Lottmann
- 2021 bis heute Werner Kneile
Die seitherigen Kassenprüfer des Musikvereins:
- 1951 bis 1953 Paul Molter sen. (alleine)
- 1953 bis 1954 Paul Molter sen. und Wilhelm Vogel
- 1954 bis 1955 Karl Halm und Paul Kneile
- 1955 bis 1956 Karl Kirschmann, Paul Kneile und Karl Sohn
- 1956 bis 1957 Ernst Bauer und Arthur Wilms
- 1957 bis 1962 Karl Kirschmann und Wilhelm Vogel
- 1962 bis 1982 Karl Kirschmann und Otto Vogt
- 1982 bis 1987 Otto Vogt und Otto Bauer
- 1987 bis 1988 Otto Vogt und Karl Weil
- 1988 bis 1994 Otto Vogt und Robert Bauer
- 1994 bis 2012 Robert Bauer und Herbert Bauer
- 2012 bis heute Herbert Bauer und Dieter Oberle
Die 60er und 70er Jahre
Am 1. und 2. September 1956 feierte der Musikverein seine erste Uniform-Einweihung. Bis Ende der 60er Jahre ist diese Uniform getragen worden.
Den ersten Wechsel in der musikalischen Leitung gab es im Jahr 1959, als Musikdirektor Rudolph Behrs den Taktstock von Helmut Ziegler übernahm und durch seine fachlich hoch qualifizierte Ausbildung die Musikkapelle auf einen Stand brachte, der überall mit großer Anerkennung honoriert wurde. Elf Jahre später übernahm dann Georg Natto die musikalische Leitung für den aus Altersgründen ausscheidenden Rudolph Behrs. Ein erstes richtiges Highlight war dann bereits zwei Jahre später, 1972, der Auftritt der Musikkapelle beim Trachtenfest in Kirchheim. Bei der Großveranstaltung war ein Team des ZDF anwesend, das unter anderem auch die Holzmadener Musikkapelle filmte; kurze Zeit später wurden dann die Auftritte vom Trachtenfest in Kirchheim im Sonntagskonzert des ZDF gezeigt.
Kurz vor der Vollendung des 1. Vierteljahrhunderts des Musikvereins löste im Januar 1974 Karl Bezler den langjährigen Vorstand Hermann Luik ab. Hermann Luik prägte wie kein Zweiter ganz eindeutig die ersten 25 Jahre Musikverein Holzmaden, er war durch seine herausragende Persönlichkeit in und um Holzmaden ein Aushängeschild für den Musikverein. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Musikverein von einer kleinen, überschaubaren „Familie“ zu einem stattlichen Verein; eine engagierte Werbeaktion neuer Vereinsmitglieder konnte einen riesigen Erfolg verbuchen, vor allem hatten sich viele Frauen, was in den 60er Jahren nicht selbstverständlich war, entschlossen, sich als förderndes Mitglied dem Musikverein anzuschließen.
Neben den jährlich abgehaltenen Musikfesten im Pfarrgarten und später auf der grünen Wiese gegenüber der Schule rief Hermann Luik auch das Muttertags-Konzert im Schulhof ins Leben, welches über viele Jahre eine sehr beliebte Veranstaltung war. Besonders großen Anklang fanden zu seiner Zeit auch noch die 2-Tagesausflüge, u.a. nach Schoppernau, Nesselwängle, und in die Wildschönau in Österreich.
In Würdigung seiner außergewöhnlichen Verdienste und in dankbarer Anerkennung ernannte sein damaliger Stellvertreter Hugo Scheid bei der Hauptversammlung 1974 Hermann Luik zum ersten Ehrenvorstand des Musikvereins.
Noch im gleichen Jahr reiste der Musikverein erstmals zur heutigen französischen Partnergemeinde Connantre, um beim dortigen Sportfest und der gleichzeitigen Einweihung eines Sportgeländes mit einem künstlichen See die musikalische Umrahmung eines Festaktes zu übernehmen. Begleitet von Bürgermeister Otto Vogt war nach den Jugendfußballern und der ersten Mannschaft des TSV Holzmaden nun bereits zum dritten Mal ein Holzmadener Verein zu Gast in Connantre. In dem kleinen Ort am Rande der Champagne sind die Musiker und ihr Anhang ausgesprochen freundlich empfangen worden. Wenn auch die Sprachbarriere anfangs nur zögerlich eine ausgiebige Konversation zuließ, wurden doch sehr schnell persönliche Freundschaften geknüpft, von denen viele heute noch in sehr persönlicher Form aufrecht erhalten sind. Besonders angenehm in Erinnerung ist die ausgiebige Bewirtung der französischen Freunde mit Champagner, der natürlich auch heute noch bei jeder Gelegenheit auf den Tisch kommt. So war es selbstverständlich, dass die Holzmadener Musiker vor der Ankunft in Holzmaden zuerst eine Champagner-Kellerei in der nahegelegenen Stadt Epernay besichtigten. Dass man in Frankreich sehr wohl zu festen versteht ohne alles bis ins kleinste Detail vorher zu organisieren war zum damaligen Zeitpunkt eine Erfahrung, die für manche Holzmadener Gäste anfangs nur schwer zu verstehen war. Ein Mix aus Lebensfreude und Improvisation waren damals und sind es noch heute die bemerkenswerten Eigenschaften unserer französischen Gastgeber, und das gepaart mit einer ausgeprägten und überaus gepflegten Esskultur. Für viele der Mitreisenden waren es die ersten, sehr nachhaltigen Erfahrungen, die mitunter auch die Basis für die viele Jahre später offiziell zustande gekommene Partnerschaft zwischen den beiden Gemeinden darstellte.
Übrigens weilte der Musikverein bereits drei Jahre später wieder in Connantre, einer der Höhepunkte war dieses Mal ein Ausflug nach Paris mit einer organisierten Stadtrundfahrt unter der fachkundigen Leitung von Otto Steiling. Der erste Besuch einer französischen Musikkapelle aus Connantre in Holzmaden kam über die Pfingstfeiertage 1981 zustande. Das Musikfest wurde noch im Grünen auf den Wiesen gegenüber der Schule – heutiges Wohngebiet Brühl – abgehalten.
Der Musikverein wird 1976 25 Jahre alt
Ein großes Fest stand für den Musikverein im Jahr 1976 anlässlich des 25-jährigen Bestehens an. Drei Tage ist in der Zeit zwischen dem 25. und 27. Juni gefeiert worden. Das Jubiläumsfest fand damals in einer Halle der Firma Rau statt; zum eigentlichen Festakt am Freitagabend durfte Vorstand Karl Bezler erfreulicherweise noch drei von insgesamt vier Gründungsmitgliedern begrüßen: Heinz Ernst, Erich Frank und Robert Zimmermann. diese drei Herren sind damals zusammen mit den seit der Gründerzeit des Musikvereins aktiven Musikern Karl Ampßler, Karl Frank, Josef Hein, Josef Janka, Werner Kneile (Weilheimer Str.), Paul Molter, und Heinrich Wahl zu den ersten Ehrenmitgliedern des Vereins ernannt worden. Die Ehrungen nahm seinerzeit der Vorstand der Stadtkapelle Weilheim Karl Frick in seiner Funktion als Abgesandter des Kreisverbandes der Blasmusik Esslingen vor.
Eine besondere Ehrung erhielt der langjährige Vorstand und erste Ehrenvorstand Hermann Luik; Karl Frick überreichte ihm im Auftrag des Deutschen Volksmusikerbundes die silberne Fördermedaille für besondere Verdienste zum Wohle der Volks- und Blasmusik.
Programm-Höhepunkte des dreitägigen Festes waren der Auftritt von Robert Payer und seiner Original Burgenlandkapelle am Samstagabend und der große Festumzug am Sonntagnachmittag.
Stammkapelle
im Jubiläumsjahr 1976
vor der Stephanuskirche
Hintere Reihe (stehend) v.l.n.r.:
Georg Natto (Dirigent), Hermann Luik (Vorstand), Herbert Bauer, Werner Kneile (Pauls Sohn), Heinrich Schinko, Josef Janka, Werner Kneile (Theodors Sohn), Lothar Luik, Karl Braun, Klaus Frank (z. T. verdeckt), Roland Weil, Karl Frank, Paul Molter, Walter Fischer, Josef Hein, Heinz Ernst, Heinrich Wahl, Karl Bezler (Vorstand), Hugo Scheid (2. Vorstand),
Vordere Reihe (sitzend) v.l.n.r.:
Tamara Schwarz, Günther Sorwat, Manfred Bauer, Gabriele Bezler, Hildebert Scheid, Helmut Sautter, Karl Ampßler, Gerhard Ampßler